Massnahmen für eine Gasmangellage gehen in Konsultation
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 31. August 2022 das gesamte Bewirtschaftungskonzept für den Fall einer Gasmangellage zur Kenntnis genommen. Das Konzept enthält Verordnungsentwürfe, mit denen Verbrauchseinschränkungen und Verbote sowie eine Kontingentierung von Einstoffanlagen geregelt werden. Die Verordnungsentwürfe gehen nun bei Kantonen, Verbänden und weiteren interessierten Kreisen in eine dreiwöchige Konsultation.
Das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) führt bis zum 22. September 2022 eine Konsultation zu zwei Verordnungsentwürfen durch: Zum einen zur Verordnung über Verbote und Beschränkungen der Verwendung von Gas, zum anderen zur Verordnung über die Kontingentierung des Gasbezugs. Das WBF wird dem Bundesrat bis Ende Oktober 2022 über die Konsultation Bericht erstatten. Die Konsultation soll die betroffenen Akteure frühzeitig über ihre Aufgaben und Pflichten bei einer Mangellage informieren sowie den mitinteressierten Kreisen ermöglichen, ihre Anliegen einzubringen.
Die Konsultation findet nicht im Rahmen des Vernehmlassungsgesetzes statt. Denn im Falle einer Gasmangellage, die für kommenden Winter angesichts der geopolitischen Lage nicht ausgeschlossen werden kann, würden die Verordnungsentwürfe an die aktuelle Situation angepasst und erst dann in Kraft gesetzt. Der Umfang der Massnahmen muss stets an die Schwere der Mangellage angepasst werden. Je nach Verlauf der Mangellage ist auch eine gestaffelte Umsetzung von Massnahmen möglich.
Der Bundesrat hat in den vergangenen Monaten viel unternommen, um die Schweizer Gasversorgung für den kommenden Winter zu stärken. Die Gasbranche legt physische Gasreserven in Nachbarländern an und beschafft Optionen für zusätzliche nicht-russische Gaslieferungen. Sollte es trotzdem zu einer Mangellage kommen, stehen der Schweiz mangels eigener Erdgasproduktion oder eigener Gasspeicher vor allem Massnahmen zur Verfügung, mit denen die Nachfrage gesteuert wird. Ziel dabei wäre stets, eine Verschlechterung der Versorgungslage und damit die Notwendigkeit von weitergehenden Massnahmen zu verhindern. Die Massnahmen wären befristet und würden so rasch wie möglich wieder aufgehoben.
Der wirtschaftlichen Landesversorgung (WL) stehen folgende Instrumente zur Verfügung:
- Sparappelle bei einer unmittelbar drohenden Mangellage;
- Umstellung von Zweistoffanlagen beim Eintritt einer Mangellage
- Verbrauchseinschränkungen und Verbote bestimmter Verwendungszwecke
- Kontingentierung nicht geschützter Kunden per Verordnung und parallel Verschärfung der Verbrauchseinschränkungen und Verbote
Komforteinbussen
Bei den Verbrauchseinschränkungen und Verboten geht es hauptsächlich um Komforteinbussen. Lebenswichtige Güter und Dienstleistungen dürfen nicht wesentlich tangiert werden. Im Vordergrund stehen Senkungen der Raumtemperatur und der Warmwasserbereitung, insbesondere in Arbeitsräumen. Die Reduktionen könnten auch auf Wohnräume ausgedehnt werden. Die Privathaushalte haben einen Anteil von über 40 Prozent am Gasverbrauch. Ohne sie ist eine substantielle Reduktion des Gasverbrauchs in der Schweiz nicht möglich.
Geschützte Kunden und Weitergabe von Kontingenten
Reichen diese Massnahmen nicht aus, kann der Gasverbrauch mit einer Kontingentierung von Einstoffanlagen gesenkt werden. Auch dies geschieht auf dem Verordnungsweg. Die stufenweise Kontingentierung betrifft alle Verbraucher mit Ausnahme der geschützten Verbraucher: Privathaushalte und die grundlegenden sozialen Dienste. Damit gemeint sind Spitäler, Alters- und Pflegeheime, Polizei, Feuerwehr, Trinkwasser- und Energieversorgung, Abwasserreinigung, Abfallentsorgung sowie das Freihalten von Weichenanlagen der Bahn vor Schnee und Eis. Der Bundesrat legt den Kontingentierungssatz zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung, basierend auf der Schwere der Mangellage, fest. Die Kontingentierungsperiode beträgt grundsätzlich einen Monat.
Die Kriseninterventionsorganisation (KIO) ist zuständig für den Überwachung und die Kontrolle der Kontingentierung. Abweichungen meldet sie dem Fachbereich Energie der WL. Unternehmen, die von einer Kontingentierung betroffen sind, können nicht genutzte Kontingente über einen Pool miteinander handeln. Damit könnten die volkswirtschaftlichen Schäden verringert werden. Dieser Handel soll in Eigenverantwortung der Wirtschaft organisiert werden.
Der Konsultation liegt auch die Verordnung zur Umstellung der Zweistoffanlagen bei. Der Bundesrat hat angesichts der aktuellen Lage die Inkraftsetzung dieser Verordnung an das WBF delegiert. Durch die Umschaltung der Zweistoffanlagen auf andere Energieträger kann eine rasche Reduktion des Erdgasverbrauchs um 15 bis 20 Prozent erreicht werden.