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Neue Netzabgabe von 0.2 Rp./kWh

Heute behandelt der Ständerat das Geschäft 21.047 «Sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien. Bundesgesetz». Im Rahmen der Revision des StromVG soll eine neue Netzabgabe von 0.2 Rp./kWh (Winterzuschlag) eingeführt werden. Diese Abgabe dient dem Zubau von zusätzlichem, sicher abrufbaren Winterstrom in der Höhe von rund 2 TWh. Eine Rückerstattung dieses Zuschlages an energieintensive Unternehmen ist nicht vorgesehen. Schon heute sind Schweizer Produktionsstandorte bei den Strompreisen gegenüber ausländischen Mitbewerbern benachteiligt – selbst wenn die KEV zurückgefordert werden kann. Sollten nun weitere Abgaben hinzukommen, wird der Schweizer Werkplatz zusätzlich belastet und benachteiligt.
1. Verteuerung Energiepreise

Mit dem Geschäft 21.047 «Sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien. Bundesgesetz» will der Bundesrat eine neue, zusätzliche Abgabe auf Strom einführen. Gemäss Botschaft soll mittels StromVG der Ausbau von im Winter sicher abrufbarer, klimaneutraler Erzeugungskapazität im Umfang von 2 TWh finanziell unterstützt werden. Im BFE-Faktenblatt vom 11. November 2020 hiess es dazu: «Finanziert werden die Investitionsbeiträge durch den in Artikel 9 Absatz 4 StromVG zur Vorbeugung gegen mögliche Versorgungssicherheitsdefizite bereits angelegten Zuschlag auf das Übertragungsnetz im Umfang von maximal 0,2 Rp/kWh. Der Bundesrat legt die effektive Höhe bedarfsgerecht fest. Rückerstattungen dieses Zuschlags an energieintensive Unternehmen soll es nicht geben».

Heute ist der Netzzuschlag gemäss EnG 730.0, 7. Kapitel, 1. Abschnitt auf höchstens 2,3 Rappen/kWh beschränkt. Damit werden erneuerbare Energien gefördert. Energieintensive Unternehmen erhalten aufgrund ihrer Exposition die Abgaben gemäss 7. Kapitel, 2. Abschnitt rückerstattet.

Im Kontrast zur bisherigen Regelung, soll es keine Rückerstattung der neuen Abgabe mehr geben. Energieintensive Firmen und ihre Verbände versuchten das UVEK vergeblich umzustimmen. Der Bundesrat hat das Geschäft am 18. Juni 2021 ohne Rückerstattung genehmigt und an das Parlament weitergeleitet.

2. Herausforderungen

2.1. Schweizer Energiepreise schon heute im Vergleich mit Europa massiv höher
Nehmen wir einen energieintensiven Betrieb in der Schweiz, der rund 360‘000 MWh elektrische Energie jährlich konsumiert, als Beispiel. Vergleicht man den Schweizer Preis für diese Menge Energie mit denjenigen in den angrenzenden EU-Ländern, so zeigt sich eine schon heute krasse Benachteiligung und Wettbewerbsverzerrung für den Schweizer Betrieb. Würde er heute in Deutschland, Italien oder Frankreich produzieren, könnte ein solches Werk Energiekosten je nach Land in der Höhe zwischen 4,4 und 11 Millionen Franken einsparen. Die Schweizer Industrie wird schon heute bei den Energiepreisen im Vergleich mit den EU-Nachbarländern arg diskriminiert. Die markant höheren Schweizer Strompreise kommen dabei vor allem aufgrund der sehr viel höheren Netzabgaben zustande. Jede weitere Verteuerung, sei sie politisch oder versorgungstechnisch noch so angezeigt, würde die Schlechterstellung der Schweizer Betriebe gegenüber ihren EU-Wettbewerbern weiter vergrössern.


2.2. Neue Abgabe stellt Standort Schweiz für Energieintensive in Frage

Es darf nicht sein, dass man die energieintensiven Unternehmen ohne wirtschaftliche Abfederung zur Kasse bittet, wo diese schon jetzt ihre Produktion nur dank enormen Anstrengungen überhaupt noch aufrechterhalten können. Ein Verzicht auf ein bewährtes Instrument in der Energiepolitik, nämlich der Rückerstattung analog KEV für energieintensive Unternehmen für neue, zusätzliche Abgaben auf Energie, würde bei einer kleinen Gruppe von Unternehmen die Produktionskosten massiv verteuern und letztlich den Weiterbestand dieser Betriebe in der Schweiz in Frage stellen. Denn insgesamt stellt sich die Frage nach der «Opfersymmetrie» und fraglicher Priorisierung in diesem Geschäft: Der Energiekonsum der energieintensiven Unternehmen ist nicht selbstverschuldet, sondern in der Produktion der spezifischen Güter begründet und unterliegt physikalischen Gesetzen (z.B. Schmelzen von Stahl, Eisen, Glas, etc.). Gleichzeitig ist die Schweiz aber auch auf die Produkte dieser Firmen gerade in Krisenzeiten angewiesen.

2.3. Ungenügende Abschätzung der Regulierungsfolgen
Bei einem solchen für die Industrie weitreichenden Vorschlag, wäre zu erwarten, dass die Verwaltung eine Abschätzung der Regulierungsfolgen vornimmt. In der Botschaft gibt der Bundesrat darum sogar unumwunden zu, dass der neue Zuschlag ohne Rückerstattungsmöglichkeit analog KEV vor allem zu Mehrkosten bei den energieintensiven Branchen führt: «Allerdings», so heisst es: «sind Unternehmen mit besonders hoher Stromintensität (beispielsweise solche, die im Recycling von Metallschrott tätig sind) finanziell besonders betroffen.» Weitere Abwägungen im Sinne einer Regulierungsfolgenabschätzung finden sich in der Botschaft aber keine. Das steht im Kontrast dazu, dass viele energieintensiven Unternehmen vor ungewisser Zukunft stehen – mit ungeahnten negativen Folgen für den Wirtschaftsstandort.

2.4. Zahlreiche systemrelevante Unternehmen betroffen
Viele dieser energieintensiven Firmen produzieren in Bereichen, die durchaus systemrelevant ist. So stellen sie einen grossen Teil der Versorgung der Schweiz mit Stahl, Eisen, Glas oder Zement sicher. Mit der Systemrelevanz dieser einheimischen Produktion bzw. den entsprechenden Gütern, stellt sich die Frage nach der Prioritätensetzung in diesem Geschäft. Hat doch gerade die Covid-19-Pandemie gezeigt, wie wichtig eine autarke Versorgung der Schweiz in Krisenlagen sein kann.

2.5. Nachhaltigkeitsziele Industrie in Frage gestellt (Zwei-Kreis-Wirtschaft)
Es gilt darauf hinzuweisen, dass diese energieintensiven Werke die Bemühungen des Bundesrates, Energie und CO2 einzusparen, massgeblich unterstützen. Immerhin sind das alles Firmen, die aufgrund ihrer Abhängigkeit von Energiepreisschwankungen gelernt haben, Investitionen in einen ressourcenschonenderen Umgang zu tätigen. Womit sie massive Verdienste und Innovationen bezüglich Kreislaufwirtschaft, Energieverbrauch und CO2-Reduktion erzielt haben. Die Industrie hat den auch als einziger Sektor die Reduktionsziele erreicht. Dies im Gegensatz zu den Gebäuden und dem Verkehr. Mit der neuen Abgabe werden den Firmen Finanzmittel entzogen, die sie auch für Energieeffizienz und CO2-Einsparungen einsetzen könnten.

3. Lösungsvorschläge

Die einheimische Industrie muss im Interesse der krisensicheren Versorgung des Landes zwingend wettbewerbsfähig bleiben. Darum darf die vorgeschlagene Abgabe nicht ohne eine Rückerstattung analog KEV eingeführt werden oder die energieintensiven Betriebe müssen davon gänzlich ausgenommen werden. Es geht hier um eine Weiterführung eines bewährten Systems, das für Energieintensive erfolgreiche angewandt wurde und zu beachtlichen Erfolgen bezüglich Einsparung von Energie und CO2 für die ganze Schweiz geführt hat.

4. Forderungen an die Politik

Art. 9bis «Zubau für die Stromproduktion im Winter», Abs. 4 im Stromversorgungsgesetz vom 23. März 2007 soll, anders als vom Bundesrat vorgeschlagen, folgendermassen lauten:

«Für diese Unterstützungen (Abs. 2 Bst. b und Abs. 3) und den Vollzugsaufwand wird der Zuschlag nach Artikel 9 Absatz 4 im Umfang von höchstens 0,2 Rp./kWh erhoben (Winterzuschlag); der Bundesrat legt ihn bedarfsgerecht fest. Erhebung und Überwälzung richten sich nach Artikel 35 des Energiegesetzes vom 30. September 2016 (EnG). Der Zuschlag wird zurückerstattet (Art. 39–43 EnG).»

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