Ukraine: Bundesrat und Branche stärken Gasreserven für den kommenden Winter
Der Bundesrat informiert in einer Medienmitteilung, dass er die Voraussetzungen zur Stärkung der Versorgung mit Gas für den kommenden Winter geschaffen habe. Die Schweiz ist beim Gas von Importen abhängig und hat keine eigenen Gasspeicher. Der Bundesrat verpflichtet die Gasbranche, Speicherkapazitäten in den Nachbarländern und Optionen für zusätzliche Gaslieferungen zu sichern. Der Bundesrat hat dazu eine dringliche Verordnung in Kraft gesetzt und das von der Branche und den Bundesbehörden erarbeitete Konzept zur Schaffung einer Winter-Gasreserve zur Kenntnis genommen. Diese Massnahmen konkretisieren die Entscheide des Bundesrates von Anfang März.
Das Konzept zur Schaffung einer Winter-Gasreserve dient dazu, die Folgen eines allfälligen Ausfalls russischer Gaslieferungen zu minimieren. Dazu sieht es neben der ordentlichen Beschaffung, die wie jedes Jahr durch die Schweizer Lieferanten erfolgt und den Bedarf der Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten deckt, zwei zusätzliche Massnahmen vor:
- Physische Reserve: Ein Teil der ordentlichen Beschaffung wird abgesichert, indem diese Mengen gespeichert werden, vorwiegend in den Nachbarländern. Diese physische Reserve soll 15% (rund 6 TWh) des jährlichen Gasverbrauchs der Schweiz (rund 35 TWh) abdecken. Rund die Hälfte dieser physischen Reserve ist bereits durch die Regionalgesellschaften Gaznat und GVM in Frankreich gebucht.
- Optionen für zusätzliche Gaslieferungen: Zusätzlich zur ordentlichen Beschaffung sollen in Frankreich, Deutschland, Italien sowie den Niederlanden 6 TWh in Form von Optionen für nicht-russisches Gas erworben werden, die bei Bedarf kurzfristig gegen eine feste Gebühr abgerufen werden können. Diese Menge entspricht rund 20% des Schweizer Winterverbrauchs. Damit wird auch eine Diversifikation der Lieferwege erreicht.
Der Bundesrat begrüsst das Konzept der Gasbranche. Es bietet eine zusätzliche Absicherung und Diversifikation der Risiken für die Winterversorgung 2022/2023. Damit gelten sie als Vorbereitungsmassnahmen im Sinne des Landesversorgungsgesetzes. Der Bundesrat erwartet, dass die Beschaffung der Gasreserve mit dem Wettbewerbsrecht konform erfolgen kann. Die Verordnung sieht diesbezüglich vor, dass die Kosten diskriminierungsfrei über die Netznutzungstarife gedeckt werden. Er fordert die Task Force auf, das Konzept für die Gasreserve unter Mitwirkung des WBF und UVEK fertigzustellen und den Bundesrat bis Mitte Juni zu informieren. Offen ist insbesondere noch die Bewirtschaftung der Gasreserve. Ein Abrufkonzept soll regeln, wie und wann die Gasreserve ausgelöst wird und wer diese zu welchem Preis nutzen kann. Ebenfalls gilt es, Transparenz über die abgeschlossenen Verträge und Kosten zu schaffen sowie die erforderlichen Gasnetz-Importkapazitäten zu sichern. Wenn sich im Verlauf der weiteren Arbeiten zeigt, dass eine vollständig wettbewerbskonforme Umsetzung der vom Bund angeordneten Massnahmen nicht möglich ist, prüft der Bundesrat eine entsprechende Regelung.
Der Bundesrat sieht zudem auch vor, die bilateralen Kontakte zu intensivieren, um den Abschluss von bilateralen Abkommen zur Sicherung des Zugriffs auf die Speicher zu sondieren.
Der Bundesrat hat das UVEK weiter beauftragt, den Vernehmlassungsentwurf zum Gasversorgungsgesetz gemäss den Erkenntnissen aus der Ukrainekrise zu überarbeiten und ihm die neuen Eckwerte der Vorlage bis Ende April 2023 in einem Aussprachepapier vorzulegen.
Die am 18. Mai 2022 beschlossene Verordnung beruht auf dem Landesversorgungsgesetz. Sie tritt per 23. Mai 2022 in Kraft und ist bis am 30.September 2023 befristet.
Die Situation auf den europäischen Energiemärkten ist seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine von Nervosität und Unsicherheit geprägt. Beim Gas ist die Schweiz für die Versorgung vollständig von Importen abhängig. Die Schweiz verfügt zudem über keine eigenen Speicheranlagen. Um die Gasversorgung zu stärken, hatte der Bundesrat Anfang März beschlossen, der Branche die Beschaffung von Gas und Speicherkapazitäten im benachbarten Ausland zu erleichtern. Eine Task Force der Gasbranche, deren Arbeiten vom Verband der Schweizerischen Gaswirtschaft (VSG) koordiniert werden, hat inzwischen unter Mitwirkung des UVEK und WBF ein Konzept mit den Eckwerten der Massnahmen für die Winterversorgung 2022/2023 erarbeitet. Der Bundesrat hat es am 18. Mai 2022 nun zur Kenntnis genommen und die darin enthaltenen Eckwerte in einer Verordnung festgelegt.