Gletscherschmelze als mögliches Potenzial für die schweizerische Wasserkraftproduktion
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 6. Dezember 2024 den Bericht «Analyse des Wasserkraftpotenzials der Gletscherschmelze» in Erfüllung des Postulats 21.3974 gutgeheissen. Die periglazialen Gebiete bieten für den Ausbau der inländischen Wasserkraft ein grosses theoretisches Potenzial. Ob dieses erschlossen werden kann, hängt aber von der Abwägung der verschiedenen Interessen in diesen Gebieten, sowie von rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab.
Der Klimawandel treibt die Gletscherschmelze in der Schweiz weiter voran. Aktuelle Modelle gehen davon aus, dass die Gletscher bis ins Jahr 2100 rund 60 bis 90 Prozent ihres Eisvolumens verlieren werden. Dadurch werden Flächen frei, die unter anderen auch für die Erstellung von Speicherkraftwerken in Frage kommen.
Ausbaupotenzial bis 2050
Der Bericht zeigt das Potenzial von heute bekannten Wasserkraftprojekten in periglazialen Gebieten, die bis 2050 realisiert werden könnten. Diese Projekte würden eine zusätzliche Jahresproduktion von rund 1470 Gigawattstunden (GWh) pro Jahr bringen, davon 1130 GWh aus Neuanlagen und 340 GWh aus Ausbauten. Für die steuerbare Winterproduktion (Speicherkapazität) im periglazialen Umfeld liegt das Ausbaupotenzial bei 2430 GWh pro Jahr, davon rund 1300 GWh aus Ausbauten bestehender Speicher und 1130 GWh aus Neuanlagen.
Zum Vergleich liegt das Potenzial an Speicherzubau ausserhalb der periglazialen Gebiete nur bei rund 860 GWh pro Jahr. Dies unterstreicht die theoretische zukünftige Bedeutung der periglazialen Gebiete für den Ausbau der inländischen Wasserkraftproduktion. Nach 2050 werden weitere, für die Wasserkraftnutzung geeignete Gebiete eisfrei. Aufgrund des langen Zeithorizontes gibt es dazu jedoch noch keine Projektierungen und es kann kein Potenzial angegeben werden.
Abwägen der verschiedenen Interessen
Neben der Nutzung für die Wasserkraft sind periglaziale Gebiete aber auch für andere Bereiche wichtig, so als Gewässer- und Lebensraum oder als schützenswerte Landschaften. Auch die Interessen der Trinkwasserversorgung und des Bergtourismus sind zu beachten. Diese Vielfalt der Interessen können das erschliessbare Wasserkraftpotenzial einschränken. Umso mehr spielen die Qualität der Wasserkraftprojekte und deren Ersatzmassnahmen eine wichtige Rolle.
Rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen
Neben den standortgebundenen Voraussetzungen entscheiden auch übergeordnete Rahmenbedingungen, ob ein Kraftwerk realisiert werden kann oder nicht. Insbesondere könnten die zahlreichen anstehenden Konzessionserneuerungen ein Hemmnis darstellen. Denn gegen Ende der Konzession werden kaum Erneuerungen und Erweiterungen realisiert, solange die Bedingungen für den Restwert der Investitionen bei einem Heimfall an das Gemeinwesen nicht abschliessend verhandelt sind.
Auch die mangelnde Wirtschaftlichkeit von Speicherprojekten könnte das Ausbaupotenzial einschränken. Die neuen Förderinstrumente des Bundesgesetzes über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien (Projektierungsbeiträge und gleitende Marktprämie) sollen dieses Hemmnis adressieren.
Bericht stammt aus einer Medienmitteilung des Bundesrats.